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Museumsbahn Trinidad

Mit dem Dampfzug durch das Tal der Zuckerrohrmühlen

Vorab: Hier soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir von einer abgehobenen Position auf dieses Land und deren Bewohner herunter schauen. Das, was die Leute leisten um trotz staatlich verordneter Autarkie irgendwas in Bewegung zu halten, nötigt allerhöchsten Respekt ab.
Man muss sich die Überschrift mal auf der Zunge zergehen lassen: Mit dem Dampfzug durch das Tal der Zuckerrohrmühlen. Also besser geht es doch fast gar nicht. Was für eine Verbindung ! Was für ein süßer Klang steckt da drin ! Na gut, vielleicht nicht für Jeden. Kuba kann man, ohne zu übertreiben, als ein großes - vielleicht

1552_kuba_230309_c_b800.jpg (178280 Byte) sogar das größte - Dampflokmuseum weltweit bezeichnen. Noch heute wird der Zuckerrohrtransport fast vollständig mit Dampfloks abgewickelt. Da bietet es sich an, mit den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln auf die Einnahme von Touristendollars zu hoffen. Das funktioniert offenbar. Man hat z.B. in Zentralkuba von Trinidad aus eine regelmäßige Tour ins Tal der Zuckerrohrmühlen eingerichtet. Diese wunderbare 2`C Baldwin-Lokomotive mit der Nummer 1552 steht in der kubanischen 
Diese Baldwin 2`C wird mit Öl gefeuert, wie man den Armaturen im Führerstand entnehmen kann. Da kann man angesichts der Wirtschaftsmiesere im Allgemeinen und im Speziellen nur staunen.

Stadt Trinidad. Ich nehme an  - und die Anordnung der Gegengewichte in den Rädern deutet ja auch darauf hin - mehr als 2 Zylinder hat sie nicht. Die Achsfolge 2`C steht - hier mal für die weiblichen Zuckerrohrtalzugbesucherinnen erklärt - für 2 nicht angetriebene Laufachsen und 3 angetriebene (Treib-) Achsen. Genau genommen steht der Zug natürlich im Bahnhof der Stadt Trinidad. Trinidad wurde im Jahre 1513 gegründet. Die Gründung der Bahngesellschaft muss - wenn man sich den Zustand der 1552_kuba_230309_2_c_b800.jpg (140728 Byte)
Das Foto gibt den Blick auf den frei liegenden Stehkessel frei. Wie man dem Wasserstrahl aus dem Rohr unter dem Führerhaus entnehmen kann, versucht der Heizer gerade, den Kessel zu speisen.

 Betriebsmittel vor Augen führt - gleich darauf erfolgt sein. Die Stadt war bis Mitte des 19. Jahrhunderts das Zentrum der Zuckerrohrproduktion der Insel. Vom seinerzeit angehäuften Zuckerbergreichtum, der im wesentlichen den Baronen Iznaga zugute fiel, musste die Stadt verhältnismäßig lange zehren. Unverhältnismäßig lange, denn sie zehrt wohl heute noch. Trotzdem ist das Stadtbild so vom kolonialen Erbe geprägt, dass Trinidad und die umliegenden Zuckerrohrplantagen zum
Links oben der Ölschieber für die Ölzufuhr. Unten die -offene- Feuertür, hinter der man das durch Dampfstrahl zerstäubte Öl verbrennen sieht.

Hier ist Raum für Spekulationen, was die Manometer anzeigen und ob sie überhaupt was anzeigen.
UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden sind. Das unterscheidet die Stadt z.Z wieder von der Heimatstadt des Webmasters... Und als ob das nicht reicht, geht die Berühmtheit so weit, dass ein Glockenturm Trinidads auch noch die 25 Cent Münze der karibischen Insel ziert. Genug Gründe also, dort mal hinzufahren. Wobei, so ganz um die Ecke liegt es ja nicht. Und  die von uns sonst so geliebte Reisehimmelsrichtung ist es auch nicht. So hat es sich einfach  noch nicht ergeben, dort selbst mal auf den

Von dem bisschen Dampf, den die Maschine erzeugt, muss auch noch welcher für die Erwärmung des Öles abgezweigt werden. Ganz schwach erkennt man den Abdampf aus dem Wärmetauscher des Ölbehälters.
Spuren der Zuckerbahnen zu wandeln, weil wir (na gut, nur ich...) ja jahrelang das " Problem" mit dem Eastern&Oriental - Express in Singapur hatten. Man erfährt nun auch nicht soooo viel von Kuba, außer vielleicht, dass der Maximo Leader mittlerweile von ähnlichem Zustand ist, wie die meisten Betriebsmittel der Bahnen. Trotz eifrigem Interesse an allem, was mit profilierten Radreifen fährt, sind bei mir die Kenntnisse der Eisenbahn Kubas sehr unausgeprägt, wenn man mal davon absieht, dass man 

weiß, wie die Kubaner in der Welt die Reste der Eisenbahngesellschaften zusammenstoppeln. So bewegt sich dort ein wohl einzigartiges und buntes Allerlei auf Gleisen, die bei uns den Namen vielleicht nicht mehr bekämen. Aber das Rad-Schiene-System ist ja geduldig. Viel geduldiger als europäische Eisenbahnvorschriften vermuten lassen. Den Beweis tritt weltweit nicht nur Kuba an und er wird täglich und immer bis zur Grenze des Möglichen erbracht. Mit dem Verkehr auf der Insel


 ist es - jedenfalls, was den auf der Schiene angeht - sehr häufig Glückssache. Die Vielfalt der Fahrzeuge aus aller Herren Länder und allen Erdteilen ist so unglaublich, dass von Standardisierung überhaupt nicht die Rede sein kann. Wie auch, wenn man Fahrzeuge aus den USA, der Sowjetunion und Europa betreibt. Es muss improvisiert werden und es wird notdürftig repariert. Das Prinzip macht offenbar auch nicht vor der Dampf- und Drucktechnik halt und wo der Spaß vielleicht doch aufhört. Das Ganze ist zum Einen sicher das Ergebnis der Embargopolitik einiger Länder und andererseits auch der Kappung langfristig aufgebauter wirtschaftlichen Beziehungen mit dem nicht mehr existierenden "sozialistischen Lager" geschuldet. Permanenter Geldmangel und das von Staats wegen zum Prinzip erhobene "wir können und machen alles selbst" tun ein Übriges. Fehlende Mechanisierung wird durch personalintensive Arbeit ersetzt, die - man glaubt es kaum - soweit führt, dass Schwellen mit dem Beil zurecht gehauen werden. Man findet auch jede Menge Beispiele für den Umbau von elektrischen Lokomotiven oder Dampfloks in Dieselloks. Ideenreichtum kann man den Kubanern sicher nicht absprechen. Ein bisschen hinkt der Vergleich, aber es ist gerade mal 20 Jahre her, dass es im Ostteil
So sieht der Lokomotivführer die Strecke. Ganz typisch, die Tür im Führerhaus zum Umlauf, die man bei deutschen Dampflokomotiven nicht findet.

Deutschlands ähnlich war.  Mit der Eisenbahn auf der Zuckerinsel habe ich mich bisher also nicht beschäftigt. Vermutlich ist es ein Fehler, dieses Land noch immer nicht selbst bereist zu haben, denn es steht zu befürchten, dass es sich wahrscheinlich über kurz oder lang auch in Richtung Kommerz entwickeln wird und dann ist es wieder vorbei mit der totalen Ursprünglichkeit und man wird sich - wie schon oft - ärgern. Man kann aber auch nicht alles machen. Und es gibt ja manchmal diese merkwürdigen Zufälle, die helfen, den Horizont zu erweitern, wenn zum Beispiel eine CD mit Bildern im Briefkasten liegt. Von einem Reisenden, der dieser Region einen Besuch abstattete und dabei die Gelegenheit beim Schopfe gepackt hat, mitzufahren. In den Bildern ist das einzigartige Fluidum eingefangen, welches man auf der Zuckerinsel erleben kann und ich bedanke mich bei Horst Mempel herzlich dafür. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Zug fährt. Oft genug, hört man, fehlt irgendwas für die Funktionsfähigkeit der Lok oder der Wagen. Wie auch immer, H. Mempel hatte Glück, dass er fuhr. Es heißt, dass das der einzige pünktliche Zug in Trinidad überhaupt ist. Soviel Glück ist dann kaum auszuhalten...
So etwas sieht der Lokomotivführer auf der Strecke eben auch und er ist gut beraten, anzuhalten, um erst die Kuh mit geeigneten Mitteln zu bewegen, die Strecke frei zu geben. Zum Glück sind die Kühe nicht so heilig wie 20000 km weiter östlich. Im Grunde erfüllt der Cowcatcher die ihm zugedachte Aufgabe, aber es ist nicht auszuschließen, dass die Lok trotzdem entgleist, wenn es zum Kampf kommen sollte ...

Nachdem man nun die Umstände kennt, wie dort der Verkehr mehr schlecht als recht aufrecht erhalten wird, wundert man sich nicht mehr, dass die Lokomotiven 100 Jahre alt werden. Es soll sogar eine betriebsfähige Lokomotive geben, die im Jahre 1876 (!) das fahle Licht der Baldwin-Fabrikhallen in Philadelphia erblickt hat. Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Peter Kraft, der mir diese Aufnahme einer weiteren Baldwin 2`C zur Verfügung gestellt hat. Das Bild entstand im Dorf Manacas Iznaga im November 2006 als der Zug gerade ankommt. Die Lok trägt die Nummer 1132, so dass man davon ausgehen kann, dass mehrere Lokomotiven für den Touristenzug vorgehalten werden. Möge es noch eine Weile so sein...


     
© hans-peter waack    
aktualisiert 14.04.12 Themen home